Roadtrip über Neuseelands Nordinsel – 1300 Kilometer Rausch beginnen am Abgrund

Während der mehr als 1300 Kilometer unseres Roadtrips über Neuseelands Nordinsel machen wir jeden Tag aufregende Erfahrungen und berauschen uns an der großartigen Natur. Hier lest ihr, was wir während unserer achttägigen Tour von Auckland nach Wellington erlebt haben.

Tag 1: Auckland – Port Jackson (211 Kilometer)

In meiner linken Hand ruckelt das Lenkrad, mit der rechten umklammere ich fest den Griff im Türrahmen. Angespannt vornüber gebeugt, versuche ich den toten Winkel der A-Säule zu vermeiden und in die engen Kurven hineinzusehen, um Gegenverkehr früh zu bemerken. Denn die Straße ist schmal. Rechts Fels, links geht es steil hinab zum Meer, das sich schäumend gegen die Klippen wirft. Es ist der erste Tag im Linksverkehr und überhaupt erst meine zweite Fahrt am Steuer eines Wagens, der größer ist, als ein Golf. Der Start unseres Neuseeland-Roadtrips beginnt so, wie wir es wollten: abenteuerlich.

Es klappert und klirrt hinter uns im Inneren unseres Campervans, während wir auf einer schmalen, kilometerlangen Schotterpiste die Coromandel-Halbinsel auf der Nordinsel hinaufruckeln. Der schaukelnde Wagen schleudert uns in unseren Sitzen hin- und her, mit einem metallischen „Pling“ schießen permanent Kieselsteine gegen die grün-violett lackierte Karosserie. Das arme Auto! Dürfen wir laut Mietvertrag überhaupt auf solchen Straßen fahren? Egal, wir sind jetzt schon ein paar Kilometer unterwegs, weit wird es nicht mehr sein. Unser Ziel ist ein Campingplatz in Port Jackson, ganz oben auf der Cordmandel-Halbinsel. Da wir aus genannten Gründen aber mit maximal 30 Stundenkilometern an den Klippen und Felsen entlangschleichen, zieht es sich doch noch ein wenig.

Mit dem Auto die Cordmandel-Halbinsel hinauf an Klippen entlang
Neben der Schotterstraße ging es teilweise steil hinab ins Meer – meistens ohne Zaun.

Was ich von der Szenerie links und rechts der Piste sehe – wenn ich mich traue, meinen Blick von der Fahrbahn zu nehmen – lässt schon erahnen: Die Schwärmereien über Neuseeland haben ihren Grund. Wir fahren durch einen verwunschenen Tunnel aus dicken, knöchrigen Bäumen, deren grauen Stämme völlig in sich verdreht sind, und die aussehen, als wären sie älter als die Zeit selbst. Auf den grassgrünen Hängen grasen gemächlich Schafe und Rinder, das Meer in den Buchten schimmert türkisblau.

Augen zurück auf die Straße. Vor jeder Haarnadelkurve ein Stoßgebet, dass uns nicht genau jetzt ein Auto entgegenkommt. Ein zweites gleich hinterher: Hoffentlich macht der Motor nicht schlapp. Der heult schrill und kräftig bei jeder Steigung, also ständig, und das Automatikgetriebe schaltet willkürlich rauf und runter.

Schließlich wird die Straße grader und flacher, laut Google Maps sind wir gleich da. Wir fahren durch ein Tor auf den Campingplatz und schon der erste Anblick rechtfertigt die Strapazen. Vor uns entfaltet sich ein Buch mit einem kilometerlangen Sandstrand in der Abendsonne, links und rechts von grünen Hügeln und Felsen begrenzt. Wir stellen die Kiste ab, melden uns aufgeregt an, zahlen 16 NZ-Dollar (9,40 Euro) und suchen uns einen Stellplatz auf der Rasenfläche direkt am Strand, etwa einen Meter über dem Sand. Erste Reihe, Meerblick, Ruhe, wir berauschen uns an der Natur – der erste Tag setzt Maßstäbe. 

Blick auf den Strand und das Meer bei Port Jackson.
Port Jackson lohnt die strapaziöse Anfahrt.
Ein Campervan steht vor dem Meer am Strand von Port Jackson.
Perfekter Platz direkt am Meer.
Blick auf die Bucht von Port Jackson von einem Hügel aus.
Ein guter Auftakt für unseren Campingurlaub.

Campingplatz: Port Jackson

Anfahrt: Beschwerlich, aber es lohnt sich. Ab Colville nur Schotterpiste.

Stellplätze: Viele Stellplätze auf einer Rasenfläche direkt am Strand

Sanitäre Anlagen: Plumsklos, Waschbecken und kalte Duschen

Strom: Nein

Abwasserstation: Nein

Kosten: 8 NZ-Dollar pro Person/Nacht

Fazit: Viel Natur, wenig Menschen, fabelhaft

Abendessen: Pasta mit Pilzen und Bacon in Sahnesauce

Tag 2: Port Jackson – Coromandel – Hot Water Beach – Waihi Beach (189 Kilometer)

Schon beim Einschlafen hatten wir uns darauf gefreut: Wir öffnen am Morgen die Tür des Campervans und sehen das Meer nur ein paar Meter entfernt von unserer Schlafstätte. Fabelhaft! Nach dem Frühstück verlassen wir mit leichtem Widerwillen Port Jackson und begeben uns wieder auf die schmale Schotterpiste. Dieses Mal mit dem beruhigenden Gefühl im Rücken, dass wir den Weg schon ein mal gemeistert haben. Wir fahren die Coromandel-Halbinsel zurück nach Süden und halten für eine Pause in der Kleinstadt Coromandel. Ein überschaubares Städtchen mit ein paar Cafés, Restaurants, Supermärkten, gepflegten öffentlichen Toiletten und einer Tankstelle. Wir kaufen ein Kehrblech für den Campervan, lassen uns im Wharf Rd. auf Kaffee und Kuchen nieder und beschließen, als nächstes den Hot Water Beach anzusteuern.

Zwar hatten wir den Tipp bekommen, früh am morgen dort zu sein, damit wir noch genug Patz haben, um uns einen privaten Pool zu buddeln und von dort den Sonnenaufgang zu genießen, doch das passt nicht in unseren Zeitplan. Der Strand wird schon groß genug sein, denken wir. Ist er zwar auch, doch das namensgebende heiße Wasser, strömt nur auf einem Areal an die Oberfläche, das maximal halb so groß ist, wie ein Fußballplatz. Und dort tummeln sich am frühen Nachmittag bereits dicht an dicht Hunderte Touristen, die glänzend vor Schweiß und Sonnenmilch emsig mit Schaufeln und Spaten große Löcher in den Sand graben, die mit dem heißen Thermalwasser volllaufen.

Touristen graben Löcher am Hot Water Beach.
Am Hot Water Beach graben sich Hunderte Touristen in den Sand, um sich im warmen Wasser zu aalen, während von oben die Sonne herunterbrennt.

Andere aalen sich schon in den dampfenden Becken und trinken Bier. Die Pools stehen so nah beieinander, dass wir aufpassen müssen, wo wir hintreten und das Wasser ist an manchen Stellen so heiß, dass wir uns fast die Füße verbrühen. Wir haben eh kein Grabwerkzeug dabei und schlendern einfach ein bisschen den Strand entlang, der wunderbar ansonsten leer und weitläufig ist. Warm genug ist uns auch so.

Zurück am Parkplatz wartet eine unangenehme Überraschung auf uns: Unter unserem Campervan hat sich eine Lache gebildet. Mist! Wir haben keine Ahnung von Autos und malen schon den Teufel an die Wand: Abschleppen, Werkstatt, Zwangsstopp, Geld ausgeben. Als ich rücklings auf dem Kiesparkplatz liege und unter die Kiste gucke sehe ich, dass sich ein dünnes Plastikrohr gelöst hat.

Offenbar war die Schotterpiste doch ein bisschen viel für unseren Wagen. Nach kurzem Geruckel stellt sich heraus, dass sich unter dem Spülbecken eine Steckverbindung des Abwasserrohrs gelöst hat. Wir schieben die Teile wieder ineinander, umwickeln es ein paar Mal mit Panzertape und sind von unseren Mechanikerfähigkeiten ganz begeistert. Trotzdem rufen wir kurz bei der Autovermietung an und schildern das Problem – und die Lösung. Die ist so überzeugend, dass wir keine Werkstatt konsultieren müssen. Die Neuseeländer gelten selbst als Meister der Improvisation.

Nächste Aufgabe: Schlafplatz finden. Das sollte gar nicht so leicht sein. Die Stellplätze in Onemara und Wangawata sind zwar sehr schön – aber leider auch schon voll. Schließlich finden wir noch einen Platz am Island View Esplanade Reserves am Waihi Beach an der Ostküste der Nordinsel, auf einem Asphaltparkplatz direkt hinter hinter dem Deich an einer Straße. Auf der anderen Seite gibt es einen schönen Strand mit hellem Sand, an dem sich außer einer Handvoll Camper nur ein paar Angler tummeln. Zum Dinner gibt es ordentliche Fish and Chips (hier unsere Top 5) aus einer Bude die Straße runter.

Anna isst Fish and Chips zum Abendessen hinter dem Deich am Waihi Beach.
Am Waihi Beach haben wir uns hinter dem Deich leckere Fish and Chips schmecken lassen.

Campingplatz: Island View Esplanade Reserves

Anfahrt: Unproblematisch

Stellplätze: Zwölf Stellplätze, dicht an dicht, auf einem Asphalt-Parkplatz direkt am Deich

Sanitäre Anlagen: Spültoilette und Waschbecken aber keine Dusche.

Strom: Nein

Abwasserstation: Nein

Kosten: Keine

Fazit: Fahrzeuge etwas eng beieinander, aber schöner Strand

Abendessen: Fish and Chips

Tag 3: Waihi Beach – Rotorua (110 Kilometer)

Der drückende Gestank nach faulen Eiern liegt über Rotorua. Die Stadt liegt am Lake Rotorua und ist bekannt für geothermische Aktivität. Wir laufen im Kuirau Park vorbei an blubbernden Schlammlöchern, dampfenden Teichen und einem See, dessen Ufer von rostroten, schwammartigen Pflanzen überzogen sind und aus dem aschgraues sowie schwarzes Totholz emporragt. So sieht also Urzeit aus, denken wir und sind fast ein bisschen enttäuscht, dass wir keine Dinosaurier sehen. 

Von einem See in Rotorua steigt Dampf auf.
Wo sind die Dinos? In Rotorua dampfte und brodelte es urzeitlich.
Ein Schild warnt in Rotorua vor geothermischen Aktivitäten.
Aufpassen!

Wir beschließen, dass wir in den vergangenen Tagen schon ganz schön was gerissen haben und gönnen uns einen Besuch im Polynesian Spa in Rotorua. Dort gibt es mehrere Becken, die mit zwischen 37 und 41 Grad warmem Thermalwasser gefüllt sind, dass nur ganz leicht schwefelig riecht. Wir aalen uns rund eine Stunde darin und machen uns auf den Weg zu unserem Campingplatz.

Weil wir Strom tanken, unseren Freshwater-Vorrat auffüllen sowie Greywater ablassen wollen, haben wir uns für einen großen, kostenpflichtigen Platz mit der nötigen Infrastruktur entschieden. Abgesehen davon hat der auch nicht viel zu bieten und stinkt im Vergleich zu unseren beiden vorherigen Domizilen einigermaßen ab. Es gibt kleine Ferienhäuser und -buden, sowie Stellplätze für Wohnmobile und Campervans und auf der riesigen Toilette dudelt permanent das Radio. Wir nutzen die Küche, um unser Abendessen zuzubereiten und die Hälfte unserer Kochutensilien zu vergessen.

Campingplatz: Holiday Park Holdens Bay

Anfahrt: Unproblematisch, liegt recht zentral in Rotorua

Stellplätze: Auf Gras mit Stromanschluss

Sanitäre Anlagen: Viele Duschen und Spültoiletten

Strom: Ja

Abwasserstation: Nein

Kosten: 30 NZ-Dollar pro Fahrzeug/Nacht

Fazit: Erfüllt seinen Zweck als Zwischenstopp Richtung Hobbiton und um den Wagen aufzufüllen.

Abendessen: Pasta mit Spargel, Spinat und Bacon

„NZ Roads are different“
Die Schilder entlang der Highways warnen: „NZ roads are different“. Und es stimmt, an die Straßenverhältnisse in Neuseeland muss man sich erstmal gewöhnen. Da wären zunächst die teilweise riesigen Schlaglöcher, denen auf den schmalen Straßen nur schwer auszuweichen ist. Außerdem winden sich vor allem auf der Nordinsel die Strecken in engen Kurven in stetigem auf und ab die Berge hinauf. Schilder warnen vor Haarnadelkurven, die man teilweise nur mit 25 Stundenkilometern durchfahren soll. Aber viel schneller ist man ohnehin nicht unterwegs, auf diesen Straßen fühlten sich 40 Stundenkilometer schon rasant an und wir waren froh, dass wir die unzähligen Steigungen überhaupt gemeistert haben. Für lahme Enten wie uns gibt es in der Regel alle paar Hundert Meter „Slow Vehicle Bays“, auf die man fährt, um den aufgestauten Verkehr vorbeiziehen zu lassen. Die Neuseeländer danken es einem im vorbeifahren mit einer kurzen Hupe. Bei der Routenplanung sollte man diese besonderen Straßenverhältnisse bedenken und sich gut ausgeruht hinter das Steuer klemmen. Außerdem ist es ohnehin netter, entschleunigt unterwegs zu sein und die wunderbare Landschaft zu bewundern.

Tag 4: Rotorua – Hobbiton – Lake Taupo (192 Kilometer)

Zeitig aufstehen, ein Highlight steht auf dem Programm! Die Filme der „Herr der Ringe“- und „Hobbit“-Trilogien beeinflussen seit Jahren maßgeblich das Bild von Neuseeland im Ausland, sodass ein Besuch am Filmset „Hobbiton“ fast schon Pflicht ist, auch, wenn man kein ausgewiesener Mittelerde-Fanatiker ist. Weil wir die erste Tour des Tages um 8.30 Uhr gebucht hatten, stapften vor uns keine Gruppen durch das Set.

Ein Blick auf grüne Hügel und kleine Türen im Filmset Hobbiton.
Wir waren in der ersten Gruppe, die Hobbiton an diesem Tag durchstreift hat. Vor uns war alles ruhig und idyllisch.

Zunächst geht es mit dem Bus durch eine sanfte Hügellandschaft, die zwar Auenland-tauglich ist, aber von der Familie Russell für die Schafhaltug genutzt wird. Das und weitere Hintergründe erklärt „Herr der Ringe“-Regisseur Peter Jackson höchstselbst den Businsassen per Video. Nach etwa zehnminütiger Fahrt sind wir am Set. Unser Guide, ein rustikaler und lockerer „local boy“ von vielleicht 25 Jahren, gibt uns ein paar Anweisungen und beruhigt gleich zu Beginn: Es gibt genug Zeit und Gelegenheiten, um zu fotografieren, er sagt dann bescheid und macht auch gerne Fotos, weil er mittlerweile so ziemlich alle Kameras beherrsche.

Alles klar, los gehts. In der Morgensonne liegt Frodos, Sams und Bilbos Heimat vor uns. Gemüse- und Blumenbeete schmiegen sich an die grasbewachsenen Hügel, vor bunten Türen stehen kleinen Bänke und Accessoires im Miniaturformat. Dazwischen wieselt ein gutes Dutzend Menschen umher und ist mit der Pflege der Anlage beschäftigt. Es ist so idyllisch wie wir es uns vorgestellt haben.

Eine Hobbit-Höhle mit einer gelben Tür und Dekoration.
Die „Herr der Ringe“-Kulissen wurden abgerissen und das Filmset für die „Hobbit“-Trilogie wieder errichtet.

„Der Regisseur Peter Jackson ist auf der Suche nach Drehorten mit dem Hubschrauber über die Gegend geflogen“, erläutert unser Guide. „Dieser Platz hier ist ihm ins Auge gesprungen, weil hier ein großer Baum stand und ein See angelegt war.“ Er erzählt noch mehr Hintergründe: Das Projekt war lange geheim, die neuseeländische Armee errichtete unter dem Vorwand einer Übung Straßen und Infrastruktur für die Produktion. Unfassbar viel Logistik steckt hinter den Dreharbeiten, Jackson sei besessen von Details. Später wurden viele „Locals“ eingebunden, ob als Helfer oder Statisten, so wie ein paar Kumpels unseres Guides, die sich während der Dreharbeiten des Festes zu Bilbos Geburtstag den Bauch mit Süßigkeiten vollstopfen durften. 

Anna und Phillip schauen hinter der Tür einer Hobbit-Höhle hervor.
Hinter den Türen in Hobbiton verbirgt sich leider keine gemütliche Wohnung.

Das „Herr der Ringe“-Filmset war allerdings provisorisch und wurde nach den Dreharbeiten wieder abgerissen. Beim „Hobbit“-Projekt witterte Farmer Russell seine Chance und sorgte dafür, dass – mit Jackson als Partner im Boot – das Set stehenbleiben und als Touristenattraktion dienen sollte. Clever. Rund zwei Stunden dauert die Tour, die im Grünen Drachen mit einem Gratisgetränk endet.

Phillip hält im Grünen Drachen in Hobbiton einen Tonbecher in der Hand und schaut aus dem Fenster.
Nach der Tour durch Hobbiton gab es im Grünen Drachen noch ein Getränk.

Wir drängen uns kurz durch den Merchandise-Shop und schwingen uns hinter das Steuer. Ziel: Lake Taupo. Nach rund zweistündiger Fahrt erreichen wir den See und sind unschlüssig: Bleiben oder weiterfahren? Die Gegend ist zwar nett, haut uns aber auch nicht um. Außerdem ist es noch früh genug, um woanders hinzufahren. Doch wir wissen gar nicht genau wohin und entschließen uns zu bleiben. Wir vergammeln lesend den Nachmittag und in der Nacht schüttet es wie aus Eimern.

Blick auf das Wasser des Lake Taupo am Abend.
Der Lake Taupo war schon echt nett, aber richtig gefunkt hat es nicht.

Campingplatz: Five Mile Bay Amenity Area

Anfahrt: Unproblematisch, ein paar Kilometer außerhalb von Taupo Stadt

Stellplätze: Viele, teilweise direkt am See auf Schotter und Gras.

Sanitäre Anlagen: Nur ein Plumsklo, kein Waschbecken

Strom: Nein

Abwasserstation: Nein

Kosten: Keine

Fazit: Viel Platz direkt am See, aber relativ unspektakulär.

Abendessen: Spanische Tortilla, Oliven und Salat

Tag 5: Lake Taupo – Huka Falls – Napier – Kairakau (210 Kilometer)

Schäumend und brodelnd zwängt sich der Waikato River, der längste Fluß Neuseelands, in Eisbonbon-blau bei Taupo durch einen schmalen Felskanal und ergießt sich über die Huka Falls. Bis zum ersten Stopp des Tages sind wir nur ein paar Minuten gefahren. Vom Parkplatz an den Wasserfällen machen wir einen kleinen Spaziergang, überqueren den Fluss auf der Fußgängerbrücke und genießen den spektakulären Anblick.

Bei den Huka Falls bei Taupo quetscht sich der längste Fluss Neuseelands durch eine schmale Schlucht.
Bei den Huka Falls bei Taupo quetscht sich der längste Fluss Neuseelands brodelnd durch eine schmale Schlucht.
Die Huka Falls rauschen unter der Fußgängerbrücke entlang.
Über den Canyon führt eine Fußgängerbrücke zu einem Spazierweg.

Nach dem Naturerlebnis wird es urban: Wir steuern Napier an. Die Stadt an der Ostküste von Neuseelands Nordinsel wurde 1931 von einem schweren Erdbeben erschüttert und danach im Art-Deco-Stil wieder aufgebaut. Wir haben aber seit zwei Tagen keine Dusche gesehen und steuern zu erst das Schwimmbad für eine gründliche Reinigung an.

Ein Oldtimer steht vor einem Haus in einer Straße in Napier.
In der Art-Déco-Stadt Napier fühlten wir uns ein bißchen wie in einem Gangsterfilm der 1930er-Jahre.
Ein blau gestrichenes Art-Déco-Haus in Napier.
Manche Ansichten in Napier erinnern an Wes Anderson-Filme.

Frisch gebügelt schlendern wir durch die Stadt, vorbei an Gebäuden, die als Kulisse für 30er-Jahre-Gangsterfilme dienen könnten. Im Café Ujazi nehmen wir Kaffee und Kuchen ein, laden unseren Kamera-Akku und schlendern dann am steinigen Stadtstrand zurück zum Campervan.

Das Gebäude des Daily Telegraph in Napier.
Überall Art Decoder. Könnte auch der „Daily Planet“ sein:).

Nach einer Stunde Fahrt erreichen wir Kairakau und sind mindestens so umgehauen, wie in Port Jackson. Wir parken den Wagen auf einer Rasenfläche zwischen dem weitläufigen Strand und steil aufragenden, grasbewachsenen Klippen.

Ein Campervan steht vor einem mit Gras bewachsenen Hang in Kairakau.
In Kairakau stand unser Campervan zwischen grünen Klippen und dem Strand.
Phillip lehnt mit einem Becher in der Hand an einen Balken am Strand.
Guter Start in den Tag.

Auf dem Areal stehen nur eine Handvoll weitere Camper, wir haben viel Platz und sind glücklich. Wäre unser Fahrzeug nicht „self contained“, also mit Frisch- und Abwassertanks versehen, könnten wir an solchen Orten nicht übernachten. Uns wird klar, dass das für uns die beste Möglichkeit ist, Neuseeland zu entdecken.

Blick auf den Strand und das Meer bei Kairakau.
Wieder einmal viel Platz und wenig Mensch.
Anna lacht am Strand von Kairakau in die Kamera.
Uns hat es in Kairakau sehr gut gefallen.

Campingplatz: Kairakau Beach Campsite

Anfahrt: Unproblematisch. Aufpassen: Den ersten Campingplatz rechts liegen lassen und der Straße parallel zum Meer weiter folgen.

Stellplätze: Alle direkt am Strand

Sanitäre Anlagen: Spültoilette und Waschbecken

Strom: Nein

Abwasserstation: Nein

Kosten: Offiziell keine, Spende wird erbeten

Fazit: Viel Platz auf Rasen vor großartiger Natur-Kulisse.

Abendessen: Reste vom Vortag

Tag 6: Kairakau – Masterton – Castlepoint (270 Kilometer)

Wir haben es nicht eilig, Kairakau zu verlassen und könnten ohne Probleme noch eine weitere Nacht dort verbringen. Trotzdem machen wir uns auf den Weg und steuern zunächst die Kleinstadt Masterton an. Der Ort macht einen entspannten Eindruck, entlang der Hauptstraße gibt es allerhand Cafés und Restaurants. Genau richtig für einen Zwischenstopp. Wir machen eine mittlerweile zum Standard gewordene Kaffee- und Kuchenpause, bevor wir für die Nacht Castlepoint ansteuern. Und wir haben wieder Glück: Der Gratis-Campingplatz liegt oberhalb der Dünen an einem Strand mit zwei Buchten.

Bei Castlepoint trennen Felsen eine Bucht vom Meer ab.
Bei Castlepoint trennen Felsen eine Bucht vom Meer ab.

Das Meer brandet gegen eine Art natürlicher Mole, die eine der Buchten vom Ozean abtrennt und auf der ein Seelöwe in der Sonne badet. Wir gehen die Klippen hinauf zu einem weißen Leuchtturm, der die Landschaft überragt und genießen die fantastische Aussicht. Zurück an unserem Stellplatz lassen wir uns in den weichen Dünensand fallen und lesen in der Abendsonne.

Ein weißer Leuchtturm steht auf Felsen.
Ein Leuchtturm thront über Castlepoint.
Phillip steht auf einem Holzsteg über den Stränden im Hintergrund.
Vom Rundweg am Leuchtturm haben wir die fantastische Aussicht genossen.

Campingplatz: Castlepoint Carpark

Anfahrt: Unproblematisch

Stellplätze: Parkplatz auf den Dünen

Sanitäre Anlagen: Spültoilette und Waschbecken

Strom: Nein

Abwasserstation: Nein

Kosten: Keine

Fazit: Enger Asphalt-Parkplatz aber Strand und Leuchtturm machen es mehr als wett.

Abendessen: Spaghetti mit Pesto

Tag 7: Castlepoint – Wellington (164 Kilometer)

Nach einem Frühstück in den Dünen starten wir Richtung Wellington, um am nächsten Tag mit der Fähre auf die Südinsel Neuseelands überzusetzen. Die „Windy City“ trägt ihren Namen zu Recht und unser Campervan gerät während der Anfahrt ziemlich ins Schaukeln.

Blick auf die Hafenpromenade von Wellington.
Am der Hafenpromenade von Wellington.

Wir stellen den Wagen an einem Campingplatz am Hafen ab und werden von den schrillen Tönen einer Alarmanlage begrüßt. Zwischen den großen und modernen Wohnwagen entdecken wir einen abgerockten, verbeulten Campervan, dessen gelbe Lackierung bereits arg verblichen ist und dessen Blinker in schnellem Takt aufleuchten. Es ist etwa 12.30 Uhr, bis zur Nacht ist es noch lange hin, die Besitzer werden bestimmt bald kommen.

Wir laufen zum nächsten Schwimmbad, nehmen eine Dusche und kehren zu unserem Wagen zurück. Die gelbe Kiste schlägt immer noch Alarm, andere Camper schleichen neugierig um ihn herum, zucken mit den Schultern, lächeln ratlos. Mit dem Bus fahren wir etwa zehn Minuten in die Innenstadt zum Courtnay Place und schlendern los. In Wellingtons Zentrum gibt es viele Cafés, Restaurant, Bars und schräge Typen.

Weil ich einen Haarschnitt brauche, steuern wir den nächstgelegenen Barbershop an. Einer der beiden Friseure, ein hektischer, tätowierter Mittzwanziger, hantiert mit der Haarschneidemaschine am ausgestreckten Arm an den Haaren eines Mannes, während er mit der freien Hand das Telefon abnimmt. Die Maschine surrt am Hinterkopf des Kunden rauf und runter, er schaut kaum hin, während er schnell in den Hörer spricht und dabei permanent „Bro“ sagt. Weil Friseurbesuche für mich oft heikel sind, werde ich etwas nervös und freue mich, als mich sein gelassen wirkender älterer Kollege auf den Stuhl bittet. Der versteht, was ich will und entlässt mich nach 20 Minuten mit einem akkuraten Haarschnitt.

Anschließend schlendern wir durch die Stadt und das Hafenviertel in Richtung des Viertels Mount Victoria. Dort lassen wir uns Fish-and-Chips im „The Chippery“ schmecken. Weil es nach unserem Dinner noch einigermaßen früh ist und unser Campingplatz ohnehin auf der anderen Seite des Mount Victoria liegt, beschließen wir, auf den dortigen Lookout zu laufen. Bis wir ihn erreichen, werden wir diesen Entschluss noch ein paar Mal kritisch hinterfragen.

Zwei Portionen Fish and Chips in "The Chippery" in Wellington.
Bei „The Chippery“ in Wellington hat man die Wahl aus rund zehn Fischsorten.

So marschieren wir zunächst die steile Majoribanks Street entlang hübscher Holzhäuser hinauf und sind schon einigermaßen aus der Puste, als wir den Mount Victoria erreichen in dem der Weg noch etwas steiler wird. Doch die guten Aussichten auf Wellington, die wir zwischen die Bäume hindurch erhaschen, sorgen für einen Motivationsschub, zumal das Ende des Weges stets in Sichtweite zu sein scheint. Allerdings stellt sich immer wieder heraus, dass es danach doch noch weiter geht.

Eine steile Straße mit Häusern und geparkten Autos in Mount Victoria in Wellington.
Hätten wir das vorher gewusst: Die Steile Straße war nur der Anfang auf dem Weg zum Lookout.

Schließlich erreichen wir oben auf dem Mount Victoria einen kleinen Hügel, mobilisieren nochmal unsere Kräfte und stratzen entschlossen die letzten Meter hinauf zum Lookout. Gerade noch rechtzeitig zum Sonnenuntergang erreichen wir den Aussichtspunkt und genießen die 360-Grad-Aussicht auf Wellington – es hat sich gelohnt. Der Weg hinab geht zwar auf die Knie und zieht sich ganz schön, aber wir müssen nicht mehr gegen die Schwerkraft ankämpfen und freuen uns aufs Bett.

Ein Blick auf Wellington in der Abendsonne vom Lookout des Mount Victoria.
Der Weg war beschwerlich aber er hat sich gelohnt: Wellington in der Abendsonne.

Doch kurz bevor wir das erreichen, registrieren wir ungläubig wieder das schrille, abgehackte Hupen. Es ist jetzt nach 20 Uhr, der gelbe Van schlägt immer noch Alarm und es ist weit und breit kein Besitzer zu sehen. Genervte Mitcamper haben eine wütende Notiz unter den Scheibenwischer geklemmt, doch genützt hat es nichts.

Ein gelber Van mit aktiver Alarmanlage steht in einer Reihe von Wohnmobilen.
Wiuiuiuiuiuiuiuiuiu macht die gelbe Nervensäge (Mitte).

Weil wir ein paar Meter entfernt stehen, ist das Geräusch zwar zu ertragen, als wir unsere Tür zuziehen, doch wir haben Mitleid für die direkten Nachbarn. Der Platz ist nämlich voll, Alternativen gibt es nicht. Wir finden glücklicherweise Schlaf, und als ich irgendwann in der Nacht aufwache, ist die Alarmanlage still.

Campingplatz: Evans Bay Marina Carpark

Anfahrt: Durch den Stadtbereich von Wellington

Stellplätze: Großer Asphalt-Parkplatz am Yachthafen

Sanitäre Anlagen: Spültoiletten und Waschbecken

Strom: Nein

Abwasserstation: Ja

Kosten: Keine

Fazit: Okay für eine Nacht, um am nächsten Tag mit der Fähre zur Südinsel überzusetzen

Abendessen: Fish and Chips

Unsere Route für sieben Tage über Neuseelands Nordinsel:

Feststellung nach einer Woche Roadtrip

Der Hype ist gerechtfertigt, Neuseeland traumhaft schön. Wir haben uns in unserem Campervan eingelebt, uns an den Linksverkehr und die Straßenverhältnisse gewöhnt und freuen uns auf zwei weitere Roadtrip-Wochen auf der Südinsel.

2 Kommentare zu „Roadtrip über Neuseelands Nordinsel – 1300 Kilometer Rausch beginnen am Abgrund“

  1. Ich lese gerade deine Bericht und bin hin und weg. Wir waren selber von Mitte November bis Mitte Dezember in Neuseeland. Wir haben fast die selbe Route gemacht und es war toll in Erinnerungen zu schwelgen. Toll geschrieben!

    1. Hallo Mareike, vielen Dank für deinen lieben Kommentar! Es freut uns sehr, dass unser Bericht ein paar schöne Erinnerungen geweckt hat. Wir werden auch noch lange und gern an diese Reise zurückdenken.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.