Es ist eigentlich keine große Anstrengung von Nöten um Dankbarkeit zu empfinden. Für mich als Mensch mit deutscher Staatsangehörigkeit. Mit einem unbefristeten Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst. Mit einer wirklich schönen Wohnung, in der immer fließendes und sauberes Wasser aus dem Hahn kommen. Mit einem Kühlschrank voller halbwegs gesunder Lebensmittel. Mit einer Krankenversicherung. Mit einer hervorragenden Infrastruktur. Mit kostenlosem Zugang zu Bildung. Mit einer funktionierenden Demokratie. Mit einem liebevollen Partner, herzlichen Freunden und Familie.
Ohne Gewalt, ob in Kindheit oder Partnerschaft. Ohne schwerwiegende gesundheitliche Probleme. Ohne existenzielle Geldsorgen. Ohne wirklichen Hunger. Ohne massive körperliche Einschränkungen. Ohne verheerende Naturkatastrophen. Ohne Kriegserfahrungen. Ohne politische Verfolgung.
Ich bin mit ausreichend Herz und Hirn gesegnet, dass ich für Missstände in meinem Leben nicht Angela Merkel oder geflüchtete Menschen verantwortlich mache und auch, wenn ich berufsbedingt erlebet habe, dass es einigen Kindern und Familien nicht so gut geht… Freunde, ich sag es euch: ich musste erst ganz, ganz weit reisen, um wirklich zu sehen wie gut ich es habe und im Inneren tiefe Dankbarkeit zu empfinden.
Ich bereise Länder, in denen Menschen durchschnittlich mit gut drei Dollar am Tag zurecht kommen müssen. Der Durchschnitt wohl bemerkt! So viel haben gestern mein Kaffee und ein Muffin gekostet. Und das war nur mein Frühstück. Keine Miete, Wasser, Abendessen, nix.
Ich habe Menschen gesehen, die im Müll nach Essensresten und Plastikflaschen, die sie für ein wenig Geld verkaufen können, suchen. Die von einem Restauranttisch Essensreste fremder Menschen einsammeln müssen, um ihren eigenen Hunger zu stillen.
Ich bin Menschen begegnet, denen auf fünf Metern Entfernung anzusehen war, dass sie die Nacht vermutlich auf der Straße, unter einer Brücke oder Hecke verbringen mussten. Häufig sind auch kleine Kinder dabei, das Haar ganz struppig, weil es an Wasser und einem Kamm fehlt. Die einer großen Malaria-Gefahr ausgesetzt sind, weil sich Moskitonetze am freien Himmel nicht aufhängen lassen. Frauen, die zur Prostitution gezwungen werden, diese für sich als einzige Option sehen, um die Kinder ernähren zu können oder noch schlimmer, die eigenen Kinder selbst als Ware anbieten. Einfach weil es Menschen gibt, die dafür bezahlen und die eigene Not so unvorstellbar groß ist. Männer und Kinder, die bei der Arbeit auf dem Feld oder beim Spielen im Wald auf eine Landmiene getreten sind und nun auf die Almosen ihrer Mitmenschen angewiesen sind, weil es keine staatliche Versorgung gibt.
Obwohl ich beim Schreiben dieser Zeilen einen Kloß im Hals verspüre, erinnere ich mich auch gerne an all die wunderbaren Begegnungen mit den Menschen. Frauen, Männer und Kinder die mir sooft ein neugieriges und offenes Lächeln entgegenbringen. Kinder, die voller Freude jauchzend ein simples Blatt Papier als Drachen steigen lassen, als sei es das aller Größte. Menschen, die sich unfassbar freuen und mich umarmen, bei meinem dilettantischen Versuch das kambodschanische Wort für „köstlich“ auszusprechen. Kinder und coole Teenager, die mir mit leuchtenden Augen zuwinken und sich gleichzeitig schüchtern abwenden.
All diese Menschen führen ein so viel härteres Leben, als ich es vermutlich je tun muss und trotzdem wird mir auf dieser Reise so viel Freude und Liebe entgegengebracht, dass es mich immerzu sprachlos zurücklässt.
Also ja, ich bin verdammt dankbar!
Liebe Anna, ja, auch ich bin immer wieder sprachlos, wenn ich nur an das Elend dieser Menschen denke. Ich bin sicher, diese Reise wirst Du nicht vergessen.
Ich danke Dir, das Du uns hast teilhaben lassen.
Wie ein Gebet sagen wir uns Erwachsenen jeden Tag beim Mittagessen: „wie geht es uns doch gut.“
Ich hoffe, wir hören noch von einander.
Liebe Grüße, Maike